Wie wird eine Baustelle im Jahr 2030 aussehen? IoT, 3D-Druck, generatives Design, 3D-Scanning und anderen Technologien disruptieren gerade einen Sektor, der lange fast schon hermetisch gegenüber Innovation abgeriegelt war. Etablierte Unternehmen der Branche müssen ihre Prozesse entlang der ganzen Wertschöpfungskette verändern, um schneller und preisgünstiger sowie umweltbewusster zu werden [1]. Diese Veränderungen sind notwendig, gilt es doch beispielsweise das Geschäft gegen die neue Marktteilnehmer zu verteidigen. Ja, auch hier sind die GAFA zu nennen [2] – so hat beispielsweise hat Amazon 1 Milliarde USD in Fertighäuser investiert [3].
Der Modernisierungsdruck in diesem Sektor ist zwar erkannt, doch die Trägheit ist groß. Dennoch: Baustellen werden immer digitaler. Für Bauleiter wird Papier nach und nach durch Tablets ersetzt, Materialien durch IoT-Systeme getrackt und unter Rückgriff auf digitale Zwillinge zu bauen wird dank BIM (Building Information Modelling) und BOS-Technologien (Building Operating System) zum neuen Standard [4].
In diesem Kontext springen junge Technologieunternehmen in die Bresche und bringen an verschiedenen Stellen der Wertschöpfungskette im Bau Innovationen ein. Tatsächlich haben sich Venture Capital Investitionen in die Bautechnologie von 4,5 Millionen USD in 2008 auf beeindruckende 1,5 Milliarden USD in 2018 erhöht und einen strukturellen Marktwandel mitgetrieben [5].
Die Produktivität auf der Baustelle ist offensichtlich eines der brennenden Themen für eine alte Branche. Während des letzten Jahrzehnts haben Baufirmen den im Industriesektor schon bekannten und bewährten Lean Approach zur Baustelle überführt, um Effizienzgewinne zu erzielen. Zeitanalysen (Chrono Analysis) ist eine der methodischen Säulen dieses Ansatzes. Indem die benötigte Zeit für jede einzelne Aufgabe eines Bauzyklus (bspw. die Realisierung eines Stockwerks eines Gebäudes) genau erfasst wird, können Ingenieure ihre Optimierungsbemühungen auf die am wenigsten effizienten Aufgaben konzentrieren und somit die Produktivität des gesamten Zyklus steigern. Diese Praxis hat in einigen Fällen schon zu einem erstaunlichen Anstieg von bis zu 25% in der Produktivität geführt. Dennoch machen es die Mobilisierung von Fachingenieuren und die zeitaufwendige Monitoring-Phase schwer, den Ansatz zu verallgemeinern und zu skalieren.
VINCI Construction hat mit seinen Niederlassungen VINCI Construction France und Dodin Campenon Bernard sowie mit der Unterstützung des konzerneigenen Innovationsprogramms Leonard beschlossen, dieses Problem anzugehen und die Anforderungen an derartige Zeitanalysen zu verallgemeinern. Gemeinsam mit dem AI-Programm von Leonard wurde Chronsite entwickelt, ein Lösungskonzept, das Computer Vision und Deep Learning nutzt, um den Informationserwerb auf der Baustelle zu automatisieren. Die Tätigkeiten auf Baustellen werden über visuelle Sensorik erfasst, klassifiziert, und ihre jeweilige Dauer berechnet. Die Datenpunkte werden in einem Dashboard dargestellt und damit die Transparenzvoraussetzung zur Ablaufoptimierung geschaffen. Die Optimierung selbst obliegt den Menschen vor Ort. Die Baustellenmitarbeiter können sich darauf konzentrieren, was der Mensch am besten kann: Kreative Wege zu finden, um Abläufe zu optimieren.
Dieser Artikel ist Teil einer Serie, an der die Teilnehmer des AI-Programms von Leonard beteiligt sind. Das Programm wurde speziell entwickelt, um die Nutzung von AI-Technologien innerhalb des VINCI-Konzerns zu beschleunigen. Es besteht aus einer fünfmonatigen Inkubationszeit, in der ausgewählte VINCI-Mitarbeiter einen Learning by doing-Prozess durchlaufen, in dem sie unter Anleitung und Betreuung des Leonard-Teams und von externen Beratern wie eleven strategy consultants einen AI-basierten Anwendungsfall umsetzen. Der Originalartikel unseres französischen Geschäftsbereichs ist hier zugreifbar.
Quellen
1. https://www.batiactu.com/edito/gafa-et-start-up-menace-majors-btp-56637.php
5. https://techcrunch.com/2019/02/16/investor-momentum-builds-for-construction-tech/